Börsen-Rekorde passen nicht zur politischen Lage
Die Lage an den Finanzmärkten will nicht recht zur weltpolitischen Lage passen. Während in Amerika die Anhänger des scheidenden Präsidenten Trump das Parlament stürmen und sich die Regierungen in vielen Ländern gezwungen sehen, wegen der Corona-Pandemie harte Maßnahmen fortzusetzen, feiern die Händler an den Börsen Rekordstände.
Der deutsche Leitindex Dax stand am Freitag sogar zwischenzeitlich kurz bei mehr als 14.100 Punkten. Der Dow-Jones-Index der führenden 30 amerikanischen Unternehmen steht seit Jahresanfang bei steigenden Kursen stabil über 30.000 Punkten.
Und auch die Kryptowährung Bitcoin hat erstaunliche Werte erreicht. Erst vor drei Wochen hatte der Kurs erstmals mehr als 20.000 Dollar erreicht. In der abgelaufenen Woche notierte er sogar auf einem mehr als doppelt so hohen Stand. Viele Analysten sehen spekulative Erwägungen als Treiber, in der wohlwollendsten Interpretation wird Bitcoin zunehmend eine vergleichbare Rolle mit Gold beigemessen – als stabiler Wert in unsicheren Zeiten.
Doch daran gibt es auch erheblichen Zweifel. Als Grund für die positive Stimmung werden verschiedene Faktoren genannt: Mit der seit dieser Woche feststehenden Mehrheit in beiden Parlamentskammern könne der künftige amerikanische Präsident Joe Biden zum Beispiel Investionsprogramme ohne Abstriche umsetzen.
Für die Unternehmen steht je nach Betroffenheit die Bewältigung der Pandemie weiter im Mittelpunkt. Der Reiseveranstalter TUI hatte eine gute Woche. Ein Kursplus von fast 35 Prozent dokumentiert ein stark gestiegenes Interesse der Anleger, nachdem Anfang der Woche die Eigentümer ein staatliches Rettungspaket billigten.
Die TUI-Führung machte im weiteren Verlauf der Woche mit Forderungen auf sich aufmerksam: Durch die Zulassung eines weiteren Corona-Impfstoffs des amerikanischen Herstellers Moderna sei es an der Zeit, Beschränkungen zu lockern und allmählich auch Reisen wieder zuzulassen, sagte der Vorstandsvorsitzende Fritz Joussen am Donnerstag.
Doch noch gehen die Inzidenzwerte in westlichen Staaten nicht so zurück, wie es sich Bürger und die politische Führung wünschen würden. Inzwischen zeigen auch Konjunkturindikatoren, dass es wieder Unsicherheiten gibt.
Der Internationale Währungsfonds korrigierte seine Wachstumsprognose für China von 8,2 Prozent im Oktober auf jetzt 7,9 Prozent. Am amerikanischen Arbeitsmarkt gingen im Dezember mit 140.000 mehr Stellen verloren, als zuvor erwartet worden war. Noch keine großen Einschnitte, aber Hinweise, dass die Stimmung womöglich zu optimistisch ist.